Wenn der Panzer klemmt – warum Veränderung nichts Schlechtes ist

WachsenIrgendwann habe ich im Biologieunterricht gelernt, dass sich unser Körper alle paar Jahre komplett erneuert, so dass wir rein zelltechnisch nach Ablauf dieser Zeit völlig neue Menschen sind. Diese Vorstellung ist gleichzeitig faszinierend und beängstigend – und so geht es mir manchmal auch mit dem inneren Wandel.

Wir verändern uns laufend. Mit neuen Erfahrungen kommen neue Eigenschaften zum Zug, während andere in den Hintergrund treten oder verschwinden. Außerdem sieht uns jeder Mensch ein bisschen anders. Unsere Bürokollegen sehen andere Facetten unserer Persönlichkeit als jemand, mit dem wir zusammen das Vereinsleben genießen.

Wenn ich mir überlege, wie ich mich in den letzten zehn Jahren verändert habe oder was andere wohl von mir halten, frage ich mich manchmal, wer ich denn nun wirklich bin. Bin ich der Mensch, als der ich mich sehe, oder kommt eine der Versionen, die andere sehen, der Wahrheit näher? Habe ich am Ende ein falsches Bild von mir?

Mir ist die Frage wichtig, weil ich mich nicht in die falsche Richtung entwickeln möchte. Und da ich mich selbst nicht wirklich objektiv beurteilen kann, bin ich auf die Meinung anderer angewiesen. Doch auch die ist ein zweischneidiges Schwert – ich muss lernen, damit umzugehen, wenn ich nicht im einen oder anderen Extrem landen will.

Wenn ich von vorn herein ausschließe, dass jemand etwas sehen könnte, was ich nicht sehe, werde ich jedes kritische Wort entrüstet, verletzt oder selbstgefällig von mir weisen. Damit verschließe ich mich aber auch Veränderungen, die mir nützen und mich weiterbringen könnten.

Manchmal sehen mich Menschen in meinem Umfeld aber auch gern so, wie sie mich schon immer kannten. Wenn ich dann einen Charakterzug oder eine Angewohnheit ablege, die sie besonders anziehend oder angenehm fanden, reagieren sie vielleicht irritiert auf dieses „neue Ich“. Das kann dazu führen, dass jemand versucht, mich weiterhin in die Schablone zu pressen, in der ich ihm am besten gepasst oder am meisten genützt habe. Wenn ich diesem Druck nachgebe, stehe ich mir selbst im Weg.

Wie erkenne ich, dass eine Kritik ins Schwarze trifft und ernst genommen werden sollte? Woher nehme ich die Gewissheit, dass die Veränderung, die ich in mir spüre, gut ist? Neben dem Hören auf Gott, dem ich vertraue, dass er mir die richtige Richtung anzeigt, bin ich schlicht auf echte und tiefe Beziehungen angewiesen – auf Menschen, die mich wirklich kennen, mein Bestes wollen und mich ermutigen, die es aber auch wagen und auf sich nehmen, ehrlich zu mir zu sein und mir auch das zu sagen, was ich nicht hören will. Auch dann liegt es in meiner Verantwortung, was ich mit dieser Information mache. Aber wenn mir niemand etwas sagt, kann ich den blinden Fleck nicht erkennen.

Veränderung wird immer eine Mutprobe bleiben. Ein Flusskrebs muss seinen Panzer abwerfen, damit er weiter wachsen kann. Wenn er es tut, kommt unter dem kleinen Panzer plötzlich ein größeres Tier zum Vorschein, das vorher in einem zu engen Panzer gelebt hat und sich nun endlich richtig ausstrecken kann. Nach dieser Häutung ist der Krebs verletzlich, weil er noch kein neues, hartes Außenskelett hat. Aber er muss das Risiko eingehen – weil er sonst zugrunde gehen würde.

Wir Menschen haben praktischerweise ein Innenskelett, das uns nicht am Wachsen hindert. Doch für unsere innere Veränderung brauchen wir denselben Mut, immer wieder den alten Panzer abzuwerfen, damit unser verändertes, neues Ich Platz bekommt. Wenn wir es nicht tun, riskieren wir innerlich einzugehen und zu verkümmern.

Ich wünsche Dir und mir Menschen in unserem Umfeld, die den Mut haben, uns auf Dinge hinzuweisen, mit denen wir uns und andere behindern, aber auch Menschen, die sich durch unsere Schritte auf neues Land nicht bedroht fühlen, sondern uns antreiben und unterstützen. Die uns beistehen, wenn wir wieder einen schützenden Panzer abgeworfen haben, und uns helfen, in den neuen hineinzuwachsen – damit wir zu dem Menschen werden können, als der wir gedacht sind.

Fragst Du Dich auch manchmal, wer Du wirklich bist, und ob Du in die richtige Richtung steuerst? Oder findest Du, das ist neurotisches Geschwätz :-)? Ich freue mich auf Deinen Kommentar!

8 Comments

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  1. Ach, liebe Claudia danke für deinen Beitrag! Trifft ziemlich ins Schwarze – aber am Ende musste ich einfach lachen bei deiner Frage: „Fragst du dich manchmal, wohin du steuerst?“ Das Problem von uns Menschen ist doch, dass wir oft denken WIR sind das Maß aller Dinge und alles andere muss sich NACH UNS richten! Das ist manchmal sehr problematisch … siehe meinen heute veröffentlichen Witz: http://theolunke.com/2014/03/11/witz-wir-weichen-nicht/ … diesmal mit richtig tiefer Message 😀 … lieben Gruß, der Theolunke

    • Lieber Theolunke, da musste ich auch grinsen 😀 einerseits, weil Dein Witz gerade so trifft, und andererseits, weil Du mich auch kalt erwischt hast. So oft würde es mehr lohnen, nach oben zu schauen anstatt sich um mich selbst zu drehen 😉

  2. Liebe Claudia, als wär’s ein Teil von mir. Sehr schön geschrieben. Liebe Grüße, Kerstin
    P.S.: Habe die Nominierung nicht vergessen. Bin dran 🙂

  3. Liebe Claudia, ja, wenn mir Fehler passieren will ich mich natürlich auch verändern. Aber ansonsten denke ich nicht immer darüber nach wie ich anders sein sollte. Ich denke, so wie ich bin so bin ich. Mit all meinen Schwächen. Es wurde mir sicher so gegeben. Vielleicht tönt dies jetzt arrogant – aber ich glaube nie, dass ich das Mass aller Dinge bin. So überheblich bin ich nicht . Aber ich bin so wie ich bin!
    Dir wünsche ich einen wunderschönen Frühlingstag und danke dir für deine Anregungen. Es setzt oft meine Gehirnzellen in Gang – das ist ja auch nicht schlecht in meinem Alter. Siwi

    • Liebe Siwi, aktive Hirnzellen sind in jedem Alter ein Plus 😀 Ich denke auch, das Hinterfragen soll nicht dazu führen, dass man ständig an sich zweifelt. Ich will einfach offen bleiben für Veränderung. Ein Zeichen, dass irgendwo der Wurm drin ist, sehe ich, wenn ich ständig in die gleichen Konfliktsituationen gerate. Wenn mir so was auffällt, versuche ich es mal mit „Innenbetrachtung“ 🙂 Aber sonst freue ich mich auch gern daran, mit zunehmendem Alter Klarheit zu haben, wer ich bin. Liebe Gruess!

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